Einige Worte über Wandmalereien


Beispiele der Wandmalerei sind in den Jahren 1959 - 1971 in Polen entstanden

Norbert Jan Paprotny vor einer seiner Wandmalereien

Die Bezeichnung Wandmalerei resultiert aus dem Malgrund, auf dem diese Malereien entstehen. Meistens sind das verputzte Wände eines architektonischen Bauwerkes. Da diese im Grössenverhältnis zu einem Staffeleibild überragend sind, werden sie auch monumentale oder architektonische Malerei genannt. Die ältesten uns bekannten Dokumente der Wandmalerei sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in den Höhlen von Altamira und Lascaux (im Grenzgebiet von Frankreich und Spanien) entdeckt worden. Ihr Alter wird auf ca. 20'000 Jahre geschätzt.

Als nächstes Beispiel bemalter Wände sind uns Malereien in den Gräbern ägyptischer Pharaonen aus verschiedenen Epochen und Dynastien bekannt. Am Wendepunkt unserer Ära wurde die etruskische Stadt Pompeji im Jahre 79 nach einem Ausbruch des Vulkans Vesuv verschüttet. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurden bei den Ausgrabungen dieser Stadt in Villen der Bewohner aussergewöhnliche Wandmalereien entdeckt. Eine grosse Überraschung für die Archäologen und Kunsthistoriker war der vollkommene Zustand dieser Malereien. Die Frische der Farben und die hervorragende Verbindung der Farbe mit dem Putz, die über 2000 Jahre in ihrem ursprünglichen Zustand geblieben sind, haben bei den Gelehrten Rätsel aufkommen lassen. Nach der Durchführung von Forschungsarbeiten hat sich herausgestellt, dass bei der Ausführung der Malereien natürliche Pigmente mineralischer und organischer Herkunft verwendet wurden und in Freskotechnik ausgeführt waren. Die Freskotechnik ist die älteste und dauerhafteste Technik der Wandmalerei. Das Pigment, aufgelöst in Wasser ohne Bindemittel, wird auf den noch feuchten Kalkmörtel, bestehend aus einer Mischung von gelöschtem Kalk und Sand aufgetragen und versteinert mit dem Verputz.

Die älteste, seit Tausenden von Jahren bekannte Technik der Wandmalerei, ist im Mittelalter fast vollständig in Vergessenheit geraten. Erst im späten Mittelalter hatte man im architektonisch-romanischen Stil versucht, die dauerhafte Technik neu zu entdecken. Die in der Frührenaissance, in der Renaissance und im Barock ausgeführten Malereien waren wieder von sehr hoher Beständigkeit. Als Beispiel dienen hier Wandmalereien von Künstlern wie: Cimabue, Giotto, Rafael, Michelangelo, Tiepolo, um nur einige zu nennen.

Jede Malerei an der Wand verlangt den Einsatz von Techniken, die der Wand das „Atmen“ ermöglichen; demnach also Feuchtigkeit aufnehmen und verdunsten lassen. Aus diesem Grunde wurden seit jeher verschiedene Techniken des Bindens der Farbe mit dem Putz angewendet. Die bekanntesten, ausser der Alfresko-Technik, sind die Kaseintechnik und die Temperatechnik. In der Kaseintechnik werden die Pigmente mit einem Leim aus magerem Quark und Kalk gebunden und auf den trockenen Putz aufgetragen. Diese Technik wird als Fresko secco bezeichnet. In der Temperatechnik werden die Pigmente mit einer Emulsion aus Vogelei und Öl gebunden. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat man eine neue Technik eingeführt, die auf einer Emulsion aus künstlichen Harzen basiert. Das Bemalen der Wand mit Öl oder Lack bildet einen undurchlässigen Film, der das „Atmen“ verhindert und den Putz mit der Zeit zerstört.

Die Wandmalerei war schon immer eine Auftragskunst. Der Maler eines Staffeleibildes kann über das Format der zu bemalenden Fläche, die Art der Aussage sowohl im formellen als auch thematischen und farblichen Sinne, selbst bestimmen. Er entscheidet über die Technik bzw. verschiedene Techniken im Bild. Die Wandmalerei beschränkt den Künstler auf verschiedene, aus der Architektur resultierende Gegebenheiten; den Stil der Architektur, die architektonische Begrenzung der Wandfläche, die Wahl der Technik und die Lösung des Auftragsthemas im sowohl farblichen als auch formellen Sinne und der Fügung an die architektonischen Gegebenheiten.

Gegen Ende meines Studiums an der Kunstakademie in Krakau, bekam ich das ehrenvolle Angebot von Professor Taranczewski, bei der Ausführung von Wandmalereien in zwei Kirchen mitwirken zu dürfen. Dies war für mich eine grosse Auszeichnung, da ich mich zu dieser Zeit zur selbstständigen Realisierung von Wandmalereien vorbereitet hatte.

Nach dem Diplomabschluss meines Studiums bekam ich den ersten Auftrag, die Kirche in Bujaków auszumalen. Der Entwurf wurde durch die Kunstkommission der Kurie in Katowice genehmigt, sodass die Arbeiten begonnen werden konnten. Ich entschloss mich, die 500 Jahre alte Kirche in der Kalk-Kasein-Technik auszuführen. Die klaren malerischen Formen und das Weglassen unnötiger Dekorationen machten einen grossen Eindruck.

Diese Malerei als Innovation im Bereich der Sakralmalerei in Oberschlesien brachte mir neue Aufträge in den Ortschaften Kokoszyce und Czuchów.

1962 gewann ich den Wettbewerb zur Ausführung der Polychromie in der Basilika der Franziskaner in Panewniki bei Katowice, der grössten Kirche des Franziskanerordens in Oberschlesien. Die Arbeiten begannen 1963 und dauerten zusammen mit der Restaurierung von zwei Seitenkapellen insgesamt zwei Jahre.

Danach folgten weitere Aufträge, doch ich machte mir Sorgen über die Beständigkeit der Malereien im damaligen industriell verschmutzten Oberschlesien.

In der Hoffnung, der Verschmutzung Widerstand zu leisten und grosse Beständigkeit zu schaffen, beschloss ich, einige Aufträge in glasierter Malerei in Form von Mosaiken und Wandmalereien auf glasierten Platten auszuführen. Beispiele der ausgeführten Mosaiken befinden sich in der Salvatorianerkirche in Mikołów (eine Altarwand von 30 m2) sowie in der Seitenkapelle der St. Josefkirche in Zabrze.

Drei Mosaiken im Handelshaus in Zabrze (je 9 m2) wurden beim Umbau des Hauses zerstört. Ein Auftrag für eine Wand von 14 m Länge und 4,5 m Höhe im Foyer des Neuen Theaters in Zabrze hat mich auf den Gedanken gebracht, die Wand aus Mosaik in Verbindung mit keramischen Platten mit symbolischen Theaterthemen zu gestalten. Es ist ein einmalig Monumentales Werk geworden.

Im nächsten Auftrag für die neuartige Kirche St. Florian in Chorzów, beschloss ich vier quadratische Felder, je 25 m2 auf der Höhe von 8 bis 13 m, mit Malerei auf keramischen Platten zu gestalten. Es entstand eine Wand aus vier Feldern von 100 m2 mit Szenen von der Auferstehung bis zur Ausgiessung des Heiligen Geistes.

Ein weiteres Beispiel der Malerei auf keramischen Platten befindet sich in der Kirche in Swierklany bei Rybnik. Die Komposition der Altarwand hat das Abendmahl zum Thema. Symbolisch stellt die Szene ein beflügeltes Kreuz dar. In der mittleren Senkrechten steht Christus und in der Waagerechten die Aposteln. Durch die in der Bewegung heraus geschnittenen Apostelfiguren in der Waagerechten und dem statischen Balken mit Christusfigur, entsteht der Eindruck eines beflügelten Kreuzes. Die Kreuzwegstationen malend, erlaubte ich mir eine Innovation. In einem Feld unter drei Kirchenfenstern komponierte ich die 14 Kreuzwegstationen in einem Block als Leidensweg eines Tages. Die zwei punktuell ausgerichteten, in die Architektur eingeordneten Szenen aus den letzten Lebenstagen Christi, tragen einen wesentlichen Inhalt des christlichen Glaubens.

Ein weiteres Beispiel der Dauerhaftigkeit der glasierten Malerei ist der einladende Christus an der Aussenwand über dem Haupteingang der Kirche in Bieruń Nowy.

Mein letzter Auftrag war die Malerei und die Kreuzwegstationen in der Kirche in Hażlach bei Cieszyn. Es existieren nur noch die Kreuzwegstationen.

Seit der Zeit, der zum Teil beschriebenen Werke meiner Wandmalereien, sind 40 bis 50 Jahre vergangen. Bis heute sind nur die in glasierten Techniken im Originalzustand erhalten geblieben. Alle anderen Werke meiner Wandmalereien sind ausgelöscht oder so „erneuert“ worden, dass ich mich als Autor zu dieser „Erneuerung“ nicht bekennen will.

Die Wandmalerei war für mich eine grosse Passion. Darüber zeugen meine Träume, in denen ich mich nach so vielen Jahren noch immer auf den Gerüsten bewege nach neuen Lösungen suchend. Die näheren Kontakte mit der Kirche, die mir immer neue malerische Aufträge anvertraute, machte mich für den Staatssicherheitsdienst der Volksrepublik Polen zum Angriffsziel. Durch deren Schikanen wurde ich gezwungen das Land zu verlassen und dadurch wurden ab dieser Zeit meine Arbeiten in dem Bereich unterbrochen.

Unterschrift von Norbert Jan Paprotny